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Fernsehen oder YouTube?

geschrieben von Felix Beuster am

Während viele jüngere diese Frage meist ganz klar mit YouTube beantworten, kann vor allem die ältere Generation mit "diesem Internet" nach wie vor nicht viel anfangen. So flüchten sich die Jungen in eine Plattform, auf der sie selbst Inhalte erstellen können, interagieren können, all das, was man im Fernsehen angeblich nicht kann. Einfach nur Konsument sein, das ist ja langweilig, und alt. Doch ist diese schöne neue Welt wirklich so blümchenhaft?

Die Anfangsjahre von YouTube haben ganz klar gezeigt, ja, ist sie. Völlig egal ob eigener oder fremder Inhalt, Kamera war auch egal, HD gab es sowieso noch nicht, kurzum, es wurde alles hochgeladen, was nicht bei 3 auf der Festplatte war, kommentiert bis die Finger glühten, Diskussionen ausgetragen, wahre Ketten von Videoantworten gebildet. Es war das, was man heute von der Plattform erzählt, eine interaktive Community. Gut auch hier gab es natürlich Grüppchenbildung, aufgrund vergleichsweise geringer Nutzerzahlen, war die aber eben auch eher klein.

Und heute ist das alles nicht mehr so? Nein, so schön wie es manch großer YouTuber immer redet, ist es nicht. Jeder redet davon, dass er die geilste Community hat, doch relevant ist für diese Gruppe von Videoerstellern doch mehr, ob die Nutzer überhaupt einschalten. Der dann vielleicht folgende Kommentar "Hast du toll gemacht" oder "Ihr seid eh die Besten" ist dann nur schmückendes Beiwerk und Selbstbestätigung. Die Diskussionen sind rar geworden. Zugegeben, bei der Masse ist es auch schwer einem umfangreichen Gesprächsfaden zu folgen. Und Videoantworten sind ebenso rar geworden. Wobei selbst bei Kanälen mit 100,000en Abonnenten ist sicherlich das Potential für ernsthafte Videoantworten vorhanden.

Ein Punkt fehlt im letzten Abschnitt aber noch. Die Interaktivität, die in der heutigen Szene ja immer propagiert wird. Nicht gelesen im Absatz? Wunderbar, ihr seid entgegen des Durchschnittskommentars auf YouTube dann doch der deutschen Sprache mächtig.
Die Möglichkeit zu Kommentieren macht YouTube nicht interaktiver als eine Fernsehsendung. Denn auch die haben Redaktionen und können Post, Mails, Tweet usw. empfangen und lesen. Und auch vorlesen.
Der nähste Schritt in Richtung Interaktivität ist für YouTuber ja ein Video, in dem Kommentare vorgelesen werden, und darauf eingegangen wird. Aber interaktiver als das verzweifelte Vorlesen von Live-Tweets in einer Fernsehsendung ist das auch nicht. Zudem lässt mich die Mengenrelation doch auch weiter an Interaktivität und Community zweifeln. Die größten deutschen YouTuber haben über 1,000,000 Million Abonnenten, jedes neue Vide (erscheint wöchentlich) wird zu 100,000den gesehen, 1,000de Kommentare werden unter jedes Werk geschrieben. Und wie viele werden in einer eigenen Show jede Woche vorgelesen? Keine 100, und die auch nur zum aktuellsten Video. Also bedeutet Community, dass ich mit nur 0.001% der Nutzer agiere? Anscheinend.

Interaktivität sehe ich dort, wo ich aktiv in das Video eingreifen kann. Über Schaltflächen im Video kann also Interaktivität zumindest angedeutet werden, bleibt aber dennoch in gelenkten Bahnen von meist 4-6 Inhaltssträngen. Livestreams sind auch ein gutes Mittel dafür, aber hier muss auch der Produzent selbst bereit sein, Interaktivität zuzulassen. Zumindest das miteinander reden bzw. schreiben funktioniert hier aber.

Natürlich kann jeder im Internet eigene Inhalte, sprich Videos, erstellen. Diese Möglichkeit ist sicherlich ein großer Unterschied zum Fernsehen. Doch mit entsprechendem Aufwand kann auch im Fernsehen jeder seine Inhalte verbreiten. Und setzt ich Videoplattformen und Fernsehen in Relation, ist dann das Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten nicht ähnlich? Zumindest bieten beide Seiten einige große Erstelle, viele kleine, eben auch sehr viel mehr Nutzer des Bereichs Konsumenten.

Die einkehrende Professionalität und Bewegung in Richtung Fernsehen, zeigt sich nicht zuletzt in den Netzwerken. Meist sind es Firmen, die YouTuber unter ihre Fittiche nehmen, und bei der Produktion und Vermarktung unterstützen wollen. In einer Stellungnahme hat alleine das Netzwerk Mediakraft Tochterfirmen, Marken und 50 Mitarbeiter aufgezählt, die zu diesem Verband gehören. Die Rede ist von 7-stelligen Investitionssumme, CEO und COO. Klingt doch ganz nach Community oder?

Sicherlich werden viele Aufschreien und sagen "Das ändert doch nichts am YouTuber". Ja, das mag sein, es ist immer eine Frage dessen, was die Person daraus macht. Ob sich kommerzialisieren lässt (hm, wenn ich davon leben will, sollte ich Geld verdienen) oder ob man völlig frei bleibt, sich nicht leiten lässt und aus gewohnten Bahnen nicht herausbricht.

Vielleicht noch abschließend etwas leicht themenfremdes hinterher. Versucht man mit großen YouTubern über diese Thematik zu öffentlich diskutieren, ist eine Abwehrhaltung meist die erste Reaktion. So manch Kritiker hat sicherlich auch Vergleiche an Land gezogen, die mehr als unpassend sind, aber dennoch ist es oft so, dass man scheinbar nicht verstanden wird, oder nicht verstanden werden will. Bestärkt wird natürlich der YouTuber durch seine Fanbasis (nennt sie wie ihr wollt, es sind Fans). Nur kleinste Worte erhalten eine Vielzahl an Likes und Bestätigung, aber teilweise nicht zu Recht. In diesem Wust der Bestätigung gehen Diskussionsfäden verloren oder werden durch die Nutzerschaft unbewusst unterdrückt, und dem außenstehenden Betrachter fällt es schwer dem noch zu folgen, und viele lassen sich davon verleiten. Überhaupt ist es sehr interessant Kommentare der Art zu lesen „Recht hat er (der große YouTuber), die Leute sollen sich mal eine eigene Meinung bilden.“ Schade nur, wenn solche Kommentare mehr als einmal auftreten.

Anmerkung: In diesem Text ist bewusst meist nur von "großen YouTubern" die Rede, um niemanden persönlich anzugreifen. Sollte sich jemand angegriffen fühlen, dann scheine ich irgendwas richtig gemacht zu haben.

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